Köln, wir müssen reden! Report vom 06. Dezember 2018

Wird die SPD noch gebraucht?

Gastrednerin: Andrea Nahles, SPD-Parteivorsitzende und Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion

Ort: Zum Bunten Hund, Bülowstraße 62, Köln-Nippes

Köln, wir müssen reden. ist ein vom Landtagsabgeordneten Jochen Ott und der SPD Nippes veranstalteter Kneipentalk. Jeden Montagabend ein neuer Gast und ein neues Thema: Auf 20 Minuten Impulsvortrag folgen 70 Minuten Diskussion in entspannter Atmosphäre – Aktiv mitmachen, Fragen stellen und mitdiskutieren ausdrücklich erwünscht!

Am 12.11.2018 durfte „Köln, wir müssen reden“ die Parteivorsitzende der SPD und Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Andrea Nahles begrüßen. Diskutiert wurde über die Herausforderungen, vor denen die Sozialdemokratie steht, und wie sie diesen begegnen kann.

Wird die SPD noch gebraucht? Natürlich ja – auch und insbesondere im Hinblick auf die Europawahlen im nächsten Jahr. Die europakritischen und antieuropäischen Kräfte im EU-Parlament werden immer stärker, gerade da braucht es die SPD als starke pro-europäische Kraft. Ein Problem der vergangenen Jahre sei es, dass jede sozialdemokratische Partei alleine kämpft, während die Rechten Allianzen schließen. Auch die Kräfte auf der politischen Linken müssten wieder mehr zusammenarbeiten, um die EU zu stärken, zum Beispiel durch einen gemeinsamen Investitionshaushalt, und die Vision der Vereinigten Staaten von Europa zu verwirklichen.

Die SPD müsse sich neu erfinden und eine neue Art zu diskutieren entwickeln. Der Anfang dazu wurde mit dem Debattencamp am letzten Wochenende gemacht. Die Ungleichheit und die Schere zwischen Arm und Reich werden immer größer – darüber werde zu wenig geredet, die Kernaufgabe der Sozialdemokratie sei es, diese Ungleichheit zu bekämpfen.

Wir müssen wieder die Machtfrage stellen. Das hat die SPD seit ihrer Gründung gemacht und damit unter anderem die Sozialversicherung, den 8-Stunden-Tag und das Frauenwahlrecht erstritten. Heute liege die Macht im digitalen Kapitalismus, dem zentralisierten Netz und den großen Unternehmen, die praktisch eine Monopolstellung haben. Wir brauchen eine gerechte Besteuerung dieser Unternehmen, zum Beispiel über eine internationale Mindeststeuer, und ein europäisches Kartellrecht, um eine übermächtige Stellung einzelner Unternehmen zu verhindern. Diese Machtfrage habe dieselbe Dimension wie die vor 100 Jahren

Wir müssen Hartz IV hinter uns lassen – das Sozialsystem brauche nach 15 Jahren eine Generalüberholung und nicht nur einzelne Nachbesserungen. Der Sozialstaat dürfe kein Hindernisparcours sein für die Menschen, die ihn in Anspruch nehmen. Eine Rundumerneuerung der Sozialsysteme könnte bedeuten: Auch Beamte und Selbständige zahlen in die Rentenkasse ein. Wir schaffen die Zwei-Klassen-Medizin ab und führen stattdessen die Bürgerversicherung ein.

Bei der Arbeitslosenversicherung müssen die Sanktionsregime verändert werden. Es sei ein Fehler, diese Gesetze aus der Perspektive derer zu machen, die sie missbrauchen könnten, statt aus der Perspektive derer die sie brauchen. Viele der Sanktionen seien Schikane, eine hohe Zahl der Sanktionsentscheidungen wird von den Gerichten wieder einkassiert. Dabei ist besonders wichtig: 2 Millionen Kinder sind aktuell in der Grundsicherung. Diese müssen aus der Sozialhilfe raus, die Grundsicherung für Kinder muss bedingungslos sein.

Die Diskussionen auf dem Debattencamp haben gezeigt: Der Neuanfang kann gelingen. Wir müssen unsere Ideen aus Berlin in die Regionen tragen und gemeinsam für eine starke Sozialdemokratie stehen.

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