Stadt Köln

Ist der Staat zu blöd zum Bauen?

Ist der Staat zu blöd zum Bauen?

Köln, wir müssen reden! Report vom 13. Mai 2019

Gastredner: Rolf Krähmer, ehem. Geschäftsführer des Bau- und Liegenschaftsbetriebes des Landes NRW

Ort: Zum Bunten Hund, Bülowstraße 62, Köln-Nippes

„Köln, wir müssen reden“ ist ein vom Landtagsabgeordneten Jochen Ott und der SPD Nippes veranstalteter Kneipentalk. Jeden Montagabend ein neuer Gast und ein neues Thema: Auf 20 Minuten Impulsvortrag folgen 70 Minuten Diskussion in entspannter Atmosphäre – Aktiv mitmachen, Fragen stellen und mitdiskutieren ausdrücklich erwünscht!

Am 13.05.2019 durfte „Köln, wir müssen reden“ Rolf Krähmer, den ehem. Geschäftsführer des Bau- und Liegenschaftsbetriebes des Landes NRW, begrüßen. Diskutiert wurde über die grundlegende Frage, ob der Privatbau wirklich besser ist als staatlich beauftragter und wie Kostenexplosionen sowie Bauverzug beim staatlichen Bau allgemein entstehen können.

Ist der Staat zu blöd zum Bauen? Bevor man diese Frage beantworten kann, muss man zuerst einen genaueren Blick auf die einzelnen Faktoren werfen. Einer davon ist, dass der Staat in der Regel Unikate baut (Archive, Opern, etc.), sodass sich die Vorausplanung komplexer ausgestaltet als bei einem Bau für ein Einfamilienhaus. Darüber hinaus müssen viele Gebäude im Bestand oder während des Betriebs saniert werden, wodurch es schnell zu Bauverzögerungen kommen kann.

Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (kurz: VOB) ist oft Anlass für eine Verzögerung des Baus. Denn eine vom Staat ausgestellte VOB, muss alle Begebenheiten und Details der zu bebauenden Fläche enthalten. Dies ist allerdings nicht (hundertprozentig) realisierbar, vor allem bei einer so alten Stadt wie Köln. Ein gutes Beispiel ist hier das Bauvorhaben des Rheinboulevards in Deutz, wo ein altes römisches Kastell gefunden wurde. Bei einer Verletzung der VOB hat der Auftragnehmer einen Anspruch auf einen Kostenausgleich und das Recht auf eine neue Vertragsaushandlung. Einigen sich die beiden Vertragspartner nicht, wird dies gerichtlich geregelt, was einen Verzug von bis zu 1,5 Jahren bedeutet.

Desweiteren ist auch das Gesetz gegen Wettbewerbsverzerrung, welches Korruption und Diskriminierung zuvorkommen soll, des öfteren Ursache für eine Bauverzögerung. Da ein staatlicher Bau öffentlich ausgeschrieben werden muss, kann dies zu einer Behinderung der einzelnen Bewerber auf der Baustelle führen. Falls ein Bewerber sich in seiner Arbeit behindert sieht, kann er eine sogenannte Behinderungsanzeige stellen, was zu einem Stopp auf der Baustelle und einem Ausbleiben der Vergabe führt.

PPP („public-private-partnership“, dt. „öffentlich-private-Partnerschaft“) ist eine Zusammenarbeit privater Unternehmen und des Staats, die eine Zwecks-Gemeinschaft eingehen, um eine Arbeitsaufteilung zu ermöglichen. So verpflichtet sich die private Seite zu einer effizienten Erstellung der Leistung und der Staat dazu, öffentliche Interessen mit einzubeziehen. Diese Partnerschaften werden aber allgemein als kritisch angesehen, da die geplanten Ausgaben schnell das vorhergesehene Etat übersteigen, um eine zügige Fertigstellung zu gewährleisten. (Bsp.: A1 Hamburg-Bremen).

Ein Paradebeispiel für einen gelungenen staatlich beauftragten Bau, der aber in der Öffentlichkeit als Kostenfalle wahrgenommen wurde, ist das Landesarchiv am Duisburger Hafen. Grund hierfür ist eine Modellzeichnung mitsamt Kostenrahmen, die in der öffentlichen Wahrnehmung als feste Kostensumme registriert wurde. Der Bau, der schlussendlich realisiert wurde, entsprach nicht mehr der Modellzeichnung, weshalb ein anderer Kostenrahmen entstand. Desweiteren ist bei einer Modellzeichnung der Grundstückspreis sowie das Mobiliar nicht enthalten. Der im Vertrag stehende Betrag für das Gebäude wurde am Ende eingehalten.

Das Beispiel vom Landesarchiv in Duisburg zeigt eindrucksvoll, dass beim staatlichen Bau die öffentliche Wahrnehmung eine entscheidende Rolle spielt. Denn aufgrund von Presse- und Medienvertretern wird über jede Bauverzögerung und außerplanmäßige Kostenerhöhung berichtet. Eine Verzögerung oder Kostenerhöhung beim privaten Bau wird nicht öffentlich gemacht, da keine Baufirma freiwillig davon berichten würde. (Bsp. : Dieselskandal) Ein direkter Vergleich ist demzufolge nicht möglich.

Ein Bauverzug scheitert selten an nicht vorhandenen Geld, sondern an einem Fachkräftemangel in den Behörden und Ämtern sowie in der Baubranche, die den Bau schließlich ausführen sollen. Hinzu kommen Interessenkonflikte in den Ausschüssen, die verschiedene Ziele oder Prioritäten verfolgen, welche sich am Ende im Zusammenspiel miteinander kollidieren.

Posted by Daniela Richardon in Veranstaltungsberichte, 0 comments